Montag, 16. Mai 2022

Woche 37


Jetzt, Mitte Mai, zeigt sich so richtig der Frühling. Der saftig, knallgrüne Austrieb der Laubbäume und die gelb blühenden "Löwenzahnfelder", sowie das warme, sonnige Wetter lassen jede Spur vom Winter verschwinden. So nutzte ich am meisten die Freizeit im Freien. Ich  wanderte viel durch die Landschaft Einsiedelns und spielte Fussball und Tischtennis mit meinen Klosterzeitkollegen Colin. Zusammen durften wir auch zwei hohe Gäste vom Flughafen Zürich abholen. Der Abt Primus Gregory, der alle Benediktiner weltweit vertritt, und Abt Donato, der Abt der Benediktiner Montecassinos, das Mutterkloster aller Benediktiner, das der heilige Benedikt sogar selbst gründete. Wir empfingen sehr dankbare Gäste, die sich sehr auf einen Besuch in Einsiedeln freuten. 

Gearbeitet wurde diese Woche viel: Bei den Sakristanen übernahm ich wieder den Kerzendienst und half mit, Festbänke für eine bevorstehende Wallfahrt aufzustellen. Weiter, kleidete ich mit Colin Holzkästen für das Scriptorium mit schwarzen Tüchern aus, damit später Ausstellungsstücke dort untergebracht werden können. Diese Arbeit mussten wir jedoch unterbrechen, da die Schreiner unsere Hilfe, was das Schleifen von Holz für die Schreibpulte der Schriftstube anging, dringend benötigten. Beendeten wir jedoch diese Aufgabe kam eine ebenso wichtige, neue Aufgabe auf uns zu: Wir sollten das Dach eines künstlichen Kamins bauen, der ebenfalls im Scriptorium steht. Wir schnitten Holzplatten zu einem Dreieck zu und schraubten diese an Dachlatten um das Dach des Kamins miteinander verbinden zu können. Folgend mischten wir Klebemörtel an, um entstandene Fugen zu füllen und den Kamin mit dem Mauerwerk zu verbinden.

Freitag, 6. Mai 2022

Woche 36


"Alexander, ich brauche noch ein paar Sachen von Zuhause. Hast du und Colin Lust, mich nach Genf zu begleiten?" "Oui Oui" . Unser erster Ausflug in die französisch sprachige Schweiz.  Zum Glück, die Muttersprache des Novizen, der uns von Einsiedeln ins dreistündig entfernte Genf einlud und einen grosszügigen Einblick in seine Heimat gewährte. Äusserst gastfreundlich wurden wir von seiner Familie empfangen und bekamen frisch gebackene Croissants serviert. Anschliessend packten wir die Sachen und brachen für eine Stadtführung auf. Den ersten Ort, den wir erkundeten, war die Genfer Kathedrale Sankt Peter in der Innenstadt. Man konnte bis in die Spitzen der zwei Haupttürme des reformierten Gebäudes hinauf steigen und einen weiten Ausblick über das "protestantische Rom", gewinnen. Auch sah man die 140 Meter hohe Fontäne, ein weiteres Wahrzeichen der Stadt, im Genfer See in den Himmel schiessen. Anschliessend gingen wir zur Fontäne um ein Gefühl für die maschinelle Kraft, die 7 Tonnen Wasser in die Luft befördert zu bekommen. Die letzte grosse Attraktion ist das Gebäude der Vereinten Nationen gewesen. Hier kamen wir mittels des Autos hin. Ins Auge stiess vor allem der Rasen mit allen Fahnen der Länder der UNO. Ein sehr schöner Ausflug!

Die Woche begann ich in Hinblick auf die Arbeit in der Aushilfe bei den Sakristanen der Klosterkirche. Diesmal ging es ein wenig spannender bei den Kerzenständern zu. Man brauchte nicht lange nachdenken warum die Polizei feinsäuberlich die Opferkassen inspizierte. Einer der Sakristane erzählte mir, wie ein besonders gewiefter Dieb ein gebrochenes Ende eines Gliedermessstab, beidseitig mit Klebeband versah und sich so durch den Schlitz der Kasse sich ein paar bunte Scheine zu angeln versuchte. Jetzt wo viele Wallfahrten in Einsiedeln stattfinden, füllen sich die Kassen an den Kerzenständern wie ein frisch gezapftes Bier im Münchner Hofbräuhaus. Die beste Gelegenheit, auch bei den grossen, oft unübersichtlichen Trubel an die Barschaft seine Finger zu setzen. Und eben dieser Langfinger entwich dem Sakristan und ging in der Masse der Pilger unter.

In der Buchbinderei stellte ich Holzgestelle für die Pergamentlampen her und verleimte diese mit den lichtdurchlässigen, jedoch undurchsichtigen Fenstern. Eine neue Arbeit nahm ich in der "Anmaserung" einer Tischplatte für das Scriptorium auf, um ihr einen mittelalterlichen "Look" zu verleihen. Anschliessend verkleideten ich und Colin mit einem schwarzen Tuch Schaukästen, die ebenfalls für das Scriptorium dienen.  So ist die Arbeitswoche sehr abwechslungsreich ausgefallen.  

Donnerstag, 5. Mai 2022

Woche 35


 Nach Ostern mit all seinen Köstlichkeiten die es im Kloster gab, war es dringend erforderlich sich mal wieder sportlich zu betätigen. Ein Novize lud mich und Colin in die interne Spothalle des Klosters ein. Wir spielten Fussball und Basketball und bauten einen riesigen Parkour aus Trampolinen, Springböcken und weitern Hindernissen über die gesamte Turnhalle auf. 

Ein Kontrastprogramm bot uns nur einen Tag später ein anderer Mönch: Wir stellten Pudding her, den wir als Nachspeise zu einem Kuchen verzehrten. Und währenddessen schauten wir uns einen Film über den Glauben an. 

In der Buchbinderei montierte ich einen Holzriegel zur Öffnung der Pergamentlampen, falls später mal eine Glühbirne ausgetauscht werden müsste. Anschliessend strich ich über die Deckel der Lampen sowie den Lampenboden teures Arvenöl aus Österreich. Teuer, aber jedoch sein Geld wert. Es verlieh der Maserung des Holzes einen  besonders stechenden Glanz und roch so natürlich und intensiv als würde man in einem dichten Pinienwald stehen. Mir gefiel die Arbeit und ich war andauernd am grinsen. Wahrscheinlich war dies der Grund für den besorgten Blick des Meisters der Buchbinderei, der um mich herum alle Fenster öffnete um einen vermutlichen Rausch vorzubeugen. 

Hin und wieder ministrierte ich zur Vesper und nebelte die Kirche ein weiteres Mal mit Weihrauch ein.

 

  Woche 40 + 41 Nun beginnen zum Anfang des Sommers die letzten Monate meiner Klosterzeit. Meine Freizeitaktivitäten haben sich grösstenteil...